Atmung … geht anders, als du denkst!

Atemnot durch Mundschutz | Dr. Claudia Bentzien

Atmung – JETZT ist die Zeit sich damit zu beschäftigen

Diese Krise fordert einiges von uns. Jetzt die Maskenpflicht. Zeit, um sich mit der ATMUNG zu beschäftigen. Und ich wette mit dir: Es ist anders, als du denkst!

Als Kind und Jugendliche hatte ich Asthma und unzählige Male Angst zu ersticken. Mein Mund war meist geöffnet, die Nase immer verstopft. Meine Atmung, mein Herzrhythmus und zeitweiliges Herzrasen verursachten bei mir mehr als einmal Todesangst. Mit 15 besuchte ich in die erste Hatha-Yoga-Stunde und wir saßen am Ende der Stunde da und sollten möglichst ruhig und tief atmen. Zum Spaß haben wir gezählt, wie oft pro Minute man ein- und ausatmet. Ich führte die Liste an, mit 21 Mal /Minute. Und hatte dabei das Gefühl zu ersticken, weil ich plötzlich nur noch auf meinen Atem konzentriert war und das bewusste Atmen alles nur noch schlimmer machte. Die damals 60-jährige Yoga-Lehrerin atmete 3 Mal/ Minute. In Ruhe, bei PC-Arbeit (wie gerade eben) und beim Autofahren atme ich heute zwischen 4 und 6 Mal. Das war ein langer Weg.

  1. Wie geht eigentlich Atmen?

Atmen ist ein Reflex und läuft automatisch ab, gesteuert vom verlängerten Mark hinten im Nacken. Durch Atmen regelt der Körper das Gleichgewicht an Kohlendioxid und Sauerstoff und damit auch den pH-Wert des Blutes, der immer stabil gehalten wird.

Unter „normalen“ Bedingungen binden die roten Blutkörperchen genau so viel Sauerstoff, wie sie müssen. Diesen transportieren sie über die kleinsten Blutgefäße, die Kapillaren, bis in die tiefsten Gewebe und die letzten Zellen. Um diesen Sauerstoff wieder abgeben zu können, braucht es CO2. Dieses Kohlendioxid lockert der den Sauerstoff am roten Blutkörperchen, so dass dieser „abgestreift“ werden kann und in die Zelle wandert (=Bohr-Effekt). Wenn du deiner körperlichen Aktivität entsprechend atmest, ist alles gut.

Ist Kohlendioxid (CO2)ein Abfallprodukt?

Wenn du in stressigen Situationen (Ärger, Angst, Panik, negative Gedanken) schneller atmest, als du solltest, atmest du zu viel Kohlendioxid aus. Durch diesen Mangel an Kohlendioxid wird weniger Sauerstoff an die Zellen abgegeben und deine Zellen geraten in Sauerstoffnot. Mein Atemvolumen darf also nicht über meinem tatsächlichen Sauerstoffverbrauch liegen. Klare Antwort also: Nein, CO2 ist lebensnotwendig!

Leistungsabfall durch zu häufiges Atmen!

Heute haben viele Menschen unbewältigte Angst und Stressmuster und atmen im Ruhezustand zu häufig. Auch ein übermäßiger Konsum von Genussgiften wie Kaffee, Alkohol und Nikotin kann die Atemfrequenz unnötig erhöhen. All das zusammen führt zu einer erhöhten Kohlendioxidausatmung und damit oft auch zu verminderter Leistungsfähigkeit und Konzentrationsmangel.

Bei körperlicher Anstrengung produziere ich mehr CO2, das muss natürlich auch abgeatmet werden. Aber in Ruhe eben nicht. Und nur bei erhöhter Anstrengung brauche ich mehr Sauerstoff. Im Sitzen jedoch nicht.

Mehr Sauerstoff im Blut macht keinen Sinn!

Die normale Sauerstoffsättigung des Blutes, mit dem Blut-Oximeter am Finger gemessen, liegt bei 90-98%. Ist  die Sauerstoffzufuhr langanhaltend niedrig, kann sie zu Organschäden führen. Misst man dagegen 100% Sauerstoffsättigung atmet der Mensch zu viel (Hyperventilation), der Kohlendioxidgehalt im Blut ist zu niedrig und es entsteht ebenfalls Atemnot in den Organen.

Mund- oder Nasenatmung?

Der Mund ist zum Essen da, die Nase zum Atmen. Fertig.

Die Nase hat eingebaute Filterhärchen, die Luftverschmutzung herausfiltern. Zudem ist der Weg durch die Nase länger. Dabei wird die Luft angefeuchtet und erwärmt. Bei mir hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe, nur durch die Nase zu atmen. Beim Joggen fällt mir das heute noch schwer. Aber auch hier gilt: Ständiges Üben bringt den Erfolg.

Bei Nasenatmung führt man den Atem am 3. Auge vorbei. Das ist energetisch gesehen ein sehr wichtiger Punkt. Die Yogis sagen: Wenn der Atem diesen Punkt in der Mitte des Gehirns berührt, kommt alles Feinstoffliche mehr in Harmonie. Musst du nicht glauben. Ist so.

Nasenatmung und Stickstoffmonoxid NO

Je mehr du durch die Nase atmest, desto besser wird deine chronische Verstopfung. Also die in der Nase. Das hat viele Gründe. In den von feinen Blutgefäßen durchzogenen Nasenatmungswegen wird Stickstoffmonoxid freigesetzt. Dieses NO ist quasi das erste Desinfektionsmittel, bevor das Immunsystem ins Spiel kommt.

Und nur, wenn du durch die Nase atmest, kann dieses Stickstoffmonoxid in deine Nebenhöhlen transportiert werden, desinfiziert deine Nase und deine Nebenhöhlen – auch in Fällen von hartnäckiger Nebenhöhlenentzündung. Dann wird es weiter in deine Lungen und deinen Körper transportiert. Es spielt also eine große Rolle bei der Immunabwehr und hat unzählige positive Auswirkungen auf den Körper (Durchblutungsförderung, Gefäßerweiterung und -entspannung u.v.m.). Zudem unterstützt Stickstoffmonoxid dich dabei richtiges „tiefes Atmen“ zu erlernen.

Wie geht tief atmen?

Tief atmen heißt nicht sich die Lungen vollzupumpen wie verrückt und dabei die Schultern hochzuziehen. Es bedeutet, die so effektiv wie möglich zu atmen. Tief atmen heißt, dass das Zwerchfell und der Bauch beim Atmen mitbenutzt werden. Nur dann kann sich deine Lunge voll ausdehnen. Nur dann ist der Gasaustausch effektiv. Und allein durch diese Atmung entspannen sich bei vielen Menschen Nacken und Schultermuskulatur – von wegen KoNaSchu…

 

  1. Verschiedene Atemtechniken als Trainingsmethoden und zu Heilzwecken – weniger ist mehr!

Yogis, tibetische Mönche und Meister der asiatischer Kampfkunst wissen schon lange: Wer seinen Atem kontrollieren kann, kontrolliert Geist und Körper. Chris Pei, Chi Gong Meister, sagt:

„Es gibt 3 Stufen der Atmung: Die erste ist, so fein zu atmen, dass die Person, die neben dir steht, dich nicht atmen hört. Die zweite ist, so fein zu atmen, dass du dich selbst nicht atmen hörst. Und die dritte ist es, so fein zu atmen, dass du selbst nicht fühlst, dass du atmest.“

Vieles, was die alten Meister schon vor mehr als 3500 Jahren wussten, beweist die Wissenschaft heute erst nach und nach. Beschäftigen wir uns also mit verschiedenen Atemtechniken und Trainingsmethoden zur Leistungssteigerung. Allem zu Grunde liegt die Tatsache: Weniger Atmen ist mehr!

Höhentraining für Flachlandtiroler

Emil Zátopek ist einer der bekanntesten Langstreckenläufer. Nicht nur sein Laufstil, auch seine Trainingsmethoden waren außergewöhnlich: Er lief zunächst kurze, dann immer längere Strecken und hielt dabei die Luft an. Natürlich muss man das Ganze langsam angehen und dem Körper die Chance geben, sich anzupassen. Es werden vermehrt rote Blutkörperchen gebildet und die Fähigkeit Sauerstoff aufzunehmen steigt. Das Ganze führt, wie Höhentraining, zu enormer Leistungssteigerung.

Buteyko Methode gegen Asthma

Buteyko, ein junger russischer Arzt, erkrankte 1950 selbst an einer seltenen Bluthochdruckkrankheit. Er fand außerdem heraus, dass Menschen umso mehr atmen, je kranker sie sind und je näher sie dem Tode sind (Hyperventilation). Er therapierte sich selber durch die Methode des reduzierten Atmens. Diese Methode wird heute bei Asthmatikern angewandt, um die Atemfrequenz zu reduzieren und mehr CO2 im Körper zu behalten. Dadurch steigt der Sauerstoffgehalt im Blut wieder an. Sie bekommen wieder „mehr Luft“.

Wim Hoff Methode

Wim Hoff, der Eismann, hat Kältetraining und eine spezielle Atemtechnik zu seiner speziellen Methode entwickelt: Dabei wird durch kurzzeitige Hyperventilation viel CO2 abgeatmet und danach durch lange Atempause bzw. Luftanhalten, wieder jede Menge CO2 aufgebaut. Dieses ständige Auf und Ab hat einen Trainingseffekt auf die Zellen und Zellkraftwerke. Kombiniert mit dem Kältetraining wird das Immunsystem und der ganze Körper trainiert und die Psyche entspannt. Diese Methode übe ich übrigens selbst. Es ist enorm, was man dadurch alles bewirkt.

Befreite Atmung

Auch diese von Christian Opitz entwickelte Methode übe ich immer wieder, weil ich das schon aus dem Yoya kenne. Sie funktioniert vereinfacht gesagt so: Während man physisch einatmet, stellt man sich vor, man würde ausatmen. Während man physisch ausatmet, stellt man sich vor, man würde einatmet. Man kehrt also mental den Luftstrom um. Die Yogis sagen, wenn man die Einatmung der Ausatmung und die Ausatmung der Einatmung opfert, erreicht man Unsterblichkeit. Dabei wird die Polarität aufgehoben und man erreicht einen Zustand der Alleinigkeit – oder schläft einfach supergut ein.

Die Wirkungen der hier genannten Atemtechniken auf den Körper, Seele und Geist

Der Geist kommt zur Ruhe. Nackenverspannungen lösen sich. Die Körperhaltung wird insgesamt aufrechter. Das Bewusstsein und die Psyche werden leichter, freier und offener. Der Kopf wird frei, psychische Blockaden lösen sich. Außerdem wird die Muskulatur im Körper weicher, sowohl die der Herz- und Skelettmuskulatur, als auch die glatte Muskulatur in Darmtrakt, Blase und Bronchien. Aus dem Takt geratene Rhythmen von Parasympathikus und Sympathikus lernen sich wieder auszugleichen. Zudem verbessert sich die Herzratenvariabilität. Die Achtsamkeit steigt und das Gespür für den eigenen Körper wird besser. Man findet seine Mitte und DIE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT AN NEUE SITUATIONEN STEIGT.

  1. Und jetzt zum Tragen des Mundschutzes

Ganz ehrlich: Ich hasse es mir irgendwie ins Gesicht fassen zu lassen und alles, was über Mund und Nase gelegt wird, nervt oder befremdet mich. Und jetzt die Maskenpflicht… Ohne jetzt hier lang und breit über Sinn und Unsinn zu diskutieren: Wenn die Masken richtig getragen werden, sind sie durchaus sinnvoll. Und ganz ehrlich: Zahnärzte und andere medizinische Berufe trugen schon vor Corona den ganzen Tag Masken, ohne Schaden davon zu tragen Die Bedenken der Menschen, kann ich durchaus verstehen, von wegen:

Atme ich zuviel CO2 ein? Schadet das Maskentragen meiner Gesundheit? Bekomme ich genug Luft?

Und ich hoffe, ich konnte diese Bedenken mit allem was ich oben angeführt habe, vertreiben. Für das Schreiben dieses Artikels inklusive Recherchen etc. habe ich insgesamt 8 h gebraucht. Und ich habe die ganze Zeit meine Maske getragen. Am Anfang habe ich festgestellt (ich trage einen Tracker, der Schritte, Puls etc. misst), dass der Puls zwischen 6 und 8 Schlägen höher war als sonst. Da hatte ich aber noch ganz unbewusst, weil das Ding irgendwie ungewohnt war, den Mund auf. Nach 4 Stunden hatte ich mich daran gewöhnt und der Puls war wieder normal. Dabei kamen mir die genannten Atemtechniken zugute.

So kannst du dir das Atmen unter der Maske einfacher machen

 

  1. Bewusst machen: Der Luftaustausch bei den selbst gemachten Stoffmasken ist gut!
  2. Mund zu und durch die Nase atmen!
  3. Ruhiger und weniger atmen!
  4. Möglichst wenig sprechen und wenn, dann langsam sprechen!
  5. Sich selbst beobachten: was machen meine Hände, wie oft würde ich mir ins Gesicht fassen wollen etc.
  6. Gelassenheit üben und sich hinter der Maske zurücklehnen.

Fakt ist: Krisen helfen dir und mir Entwicklungssprünge zu machen. Und jetzt ist es eben an der Zeit sich mit dem Atem zu befassen. Und den enormen Möglichkeiten, die das Atembewusstsein für uns bereithält. Meckere nicht – nutze es als Chance!

Deine Claudia

 

4 Idee über “Atmung … geht anders, als du denkst!

    • claudia sagt:

      Hallo Dennis,
      Schritt 1 ist, sich überhaupt mal bewusst zu machen, wie häufig und vor allem wie man atmet. Und sich 1-3 mal täglich BEWUSST 2 Minuten Zeit dafür zu nehmen. Schritt 2 ist, sich das normale Atmen anzugewöhnen. Einatmen durch die Nase, ausatmen durch den Mund. In Schritt 3 dann einatmen und ausatmen durch die Nase. Wenn du die Atmung mit Meditation verbinden willst, empfehle ich die Methode von Christian Opitz „Befreites Atmen“. Die Wim Hoff Methode kann man in einem Gratis Kurs ebenfalls ausprobieren, die würde ich jedoch nur empfehlen, wenn du vorher kein Thema mit Hyperventilieren hattest. Ich praktiziere je nach Lust und Laune beides und konnte, wie gesagt, meine Atemfrequenz dadurch deutlich herunterfahren und gleichzeitig auch meinen Geist beruhigen.
      LG Claudia

    • claudia sagt:

      Hallo Tanja, es wäre grob fahrlässig von mir, diese Frage aus der Ferne zu beantworten. Du solltest auf jeden Fall Rücksprache mit deinem behandelnden Arzt oder Heilpraktiker halten. LG Claudia

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